Ursprung des Weinlesefestes - Ein historischer Rückblick

 

In Krickerhau wurde niemals Wein angebaut! Wie kam es also zum Weinlesefest???

Den Ursprung finden wir in Ungarn, wo unsere Vorfahren auf Saisonarbeit in Fabriken und der Landwirtschaft gingen. Dort ließen sie sich durch das ungarische Brauchtum inspirieren und feierten bereits einige Jahre vor dem 1. Weltkrieg ihr eigenes, modifiziertes Weinlesefest in Budapest und Altofen, das sie mit Krickerhauer Elementen ergänzten.

Da sie daran so viel Gefallen gefunden haben, brachten sie dieses Fest nach dem Krieg als festen Bestandteil des kulturellen Lebens in ihre Heimat, wo es mit dem klassischen Erntedankfest gepaart wurde.

Als Ausrichter dafür fand sich die freiwillige Feuerwehr, die das Fest streng nach dem überlieferten Ritual organisierte. Dazu legte man einen Sonntag im Herbst fest, an dem sich vom Vereinshaus aus ein Festzug in Bewegung setzte. An der Spitze befand sich eine Musikkapelle, der etwa 12 Winzerpaare (Tschösch) in ungarischer Nationaltracht folgten. Darauf folgte die Traubenkrone (ca. 25 kg) und die aus allen Getreidesorten gewundene Erntekrone, die mit den ungarischen Nationalfarben rot, weiß grün geschmückt waren. In einer reichgezierten Kutsche folgten ein Richterpaar in Krickerhauer Tracht und ihr Schreiber, die noch zu den eigentlichen Hauptpersonen des Abends werden sollten.

Um den Charakter des Erntedankfestes zu unterstreichen, durften natürlich Wagen mit Erntehelfern und der Handwerkszünfte nicht fehlen. Zur weiteren Unterhaltung trugen Wahrsagerinnen und Kartenlegerinnen bei, sowie der dumme August –ein Clown- (Paprikajantschi), Händler mit Bauchläden und abgewetzten Koffern.

Am Festplatz wurden die Gäste mit einer reichhaltig geschmückten Tanzfläche empfangen, über der sich an Fäden aufgehängtes Obst (Reißgut) befand. Die Winzerpaare eröffneten das Tanzgeschehen mit ungarischen Tänzen. Nach dem Schlachtruf „Trauben frei“ war die Tanzfläche der Allgemeinheit übergeben, und jeder durfte sein Geschick am Reißgut unter Beweis stellen. Wurde allerdings ein Dieb von den allzeit wachsamen Winzerpaaren erwischt, kam er vor den Richter, der eine angemessene Geldstrafe zu verhängen hatte, die von seinem Schreiber protokolliert und kassiert wurde. Gegen Mitternacht versteigerte man die Weinkrone „amerikanisch“, was sich mancher viel Geld kosten ließ, um dieser Ehre Teil zu werden. Heutzutage wird die Weinkrone im Rahmen einer Tombola verlost.

Nach der leidvollen Vertreibung aus der geliebten Heimat war es gerade dieses Weinlesefest, das unsere Landsleute immer wieder zusammenführte. Bereits im Jahre 1949 fand in der Gastwirtschaft „Henn op dem Damm“, in der Patengemeinde Voerde, das erste Weinlesefest nach dem 2. Weltkrieg statt, dem ebenfalls ein riesiger und bunter Festumzug voranging. So viel Kreativität und Fröhlichkeit zog nicht nur das Erstaunen, sondern auch das Interesse der Voerder Stammbevölkerung auf sich. Es trug maßgeblich dazu bei, dass sich die heimatvertriebenen Neuankömmlinge und die Einheimischen schneller näher kommen konnten.

In den folgenden Jahren entwickelte sich dieses Brauchtumsfest zu mehreren Landestreffen der Karpatendeutschen Landsmannschaft, zu dem Landsleute aus allen Teilen der Welt anreisten und zu einem festen Bestandteil in der Voerder Kulturlandschaft. Das vorletzte Weinlesefest fand nach 18jähriger Pause im Jahre 2014 statt. Das nächste ist in 2 Jahren geplant. Hoffen wir, dass wir noch viele Weinlesefeste feiern werden!!!

 

(A. Grolmuss, Quelle: „Krickerhau – Eine deutsche Siedlung in der Slowakei“, Arbeitskreis der Krickerhauer)

 

 

 

 

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